Eigentlich wollte ich Architekt werden, jetzt bin ich Zahntechniker (Lesezeit ca. 3:00 Min.)

Ausgabejahr 2023
Datum 24.05.2023

Zu Besuch bei der Firma "Stegmann & Schelling Zahntechnik GmbH" treffe ich mich mit Herrn Majed Shikh Bakri, einem jungen Syrer, zum Gespräch. Mein Name ist Thomas Elsner – ich bin Pressesprecher des Jobcenters Mecklenburgische Seenplatte-Süd.

Das Interview findet im Rahmen der Pressearbeit des Jobcenters Mecklenburgische Seenplatte-Süd statt, denn Majed hat gerade seine Ausbildung zum Zahntechniker beendet und einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten.

Mir begegnet ein junger Mann, mit dem ich offen ins Gespräch komme. Ich erfahre, wie er im Jahr 2015 mit seinem 3 Jahre älteren Bruder nach Deutschland kam und sich danach als erstes intensiv mit der deutschen Sprache beschäftigt hat. Durch Absolvieren mehrerer Sprachkurse hat er das Sprachniveau B2 erreicht. (B2 ist ein gehobenes Sprachniveau, mit dem Sie komplexere Sachverhalte in einer Fremdsprache verstehen und sich selbständig ausdrücken können.)

Majeds Eltern kamen im Rahmen der Familienzusammenführung 2017 ebenfalls nach Deutschland. Der Vater – inzwischen im Rentenalter - hatte in Syrien eine Beschäftigung im Bildungsministerium und war verantwortlich für die Gymnasien im gesamten Land. Seine Mutter war Englischlehrerin, hat aber diese Tätigkeit seit Jahren nicht mehr ausgeübt, sondern war als Schulsozialarbeiterin in einer Schule tätig. Zwischenzeitlich mit ihrem Mann nach Dortmund verzogen, sucht sie in dort eine Arbeit.

Majed hat in Syrien seine Schulzeit absolviert. Sein Schulabschluss (10. Klasse) wurde in Deutschland anerkannt. (Die Kosten für die Zeugnisübersetzung hat das Jobcenter übernommen.) Hier angekommen, hatte er zunächst überhaupt keinen Plan, was die weitere Zukunft, vor allem die berufliche Perspektive anging.

Klar war für ihn, dass das Erlernen der deutschen Sprache über allem stand. Aber was den Beruf anging, hatte er alle möglichen Ideen. In seinem Heimatland wollte er mal Architekt werden. Diesen Berufswunsch hat er aber auf Grund der höheren Voraussetzungen in Deutschland verworfen. Zwischenzeitlich interessierte er sich für eine Polizeiausbildung, bis ihm seine Eltern eine Ausbildung als Zahntechniker vorschlugen. Im Bekanntenkreis der Familie übt jemand diesen Beruf aus und der Rat der Eltern war für Majed wichtig. Er informierte sich in der Folge über das Berufsbild, surfte im Internet und schaute sich Videos an.

Majed fing an, bundesweite Bewerbungen für diesen Ausbildungsberuf zu schreiben – alle ohne Erfolg. Die angeschriebenen Arbeitgeber lehnten ihn ohne weitere Begründung ab oder meldeten sich gar nicht zurück. Er bemühte sich um einen Termin bei der Berufsberatung und erhielt von dort verschiedene Angebote, u.a. in Anklam, Neustrelitz und Neubrandenburg – aber auch die Angebote der Berufsberatung hatten keinen Erfolg.

Das Jobcenter unterstützte ihn bei der Erstellung aussagekräftiger Bewerbungsunterlagen.

Für den 3. Juni 2019 bekam er eine Einladung zur Ausbildungsmesse der Handwerkskammer in Neubrandenburg von der Berufsberatung. Auf dieser Messe lernte er die Firma "Stegmann & Schelling Zahntechnik GmbH" kennen und bewarb sich dort um einen Ausbildungsplatz.

Inzwischen 20 Jahre alt, erhielt er einen Termin zu einem Vorstellungsgespräch und absolvierte einen "Testtag". Der Arbeitgeber erbat sich eine Woche Bedenkzeit aus - und sagte ihm dann ab.

Majed war enttäuscht. Er wusste nicht warum. Waren es fehlende Sprachkenntnisse, die zur Ablehnung führten, lag es an ihm? Was musste er ändern? Wieder waren es die Eltern, die ihm zuredeten und ihm Mut machten. Seine Mutter sagte ihm: "Wenn Du wissen willst, warum Du die Absage bekommen hast, dann geh hin, klingle und frage nach den Gründen".

Also stand Majed wieder bei der Firma "Stegmann & Schelling Zahntechnik GmbH" vor der Tür und tat, wie seine Mutter ihm geraten hatte. Die Hartnäckigkeit des jungen Mannes hat offensichtlich auch dem Arbeitgeber imponiert, denn er bot ihm auf Grund der erneuten Vorsprache zum 2. September 2019 den ersehnten Ausbildungsplatz zum Zahntechniker in seinem Unternehmen an.

Vom Jobcenter erhielt Majed zum Ausbidlungsbeginn finanzielle Unterstützung mit einem Starterpaket, das die Aufnahme der Ausbildung finanziell erleichtert. Auch eine Förderung mit ausbildungsbegleitenden Hilfen wurde angeboten, die jedoch von Majed nicht in Anspruch genommen worden ist.

"Die Ausbildung zum Zahntechniker war anspruchsvoll", sagt Majed selbst. Dabei war die Theorie in der beruflichen Schule in Rostock für ihn schwerer als die Praxis. Aber der Zusammenhalt im Klassenverbund war sehr groß und alle haben sich gegenseitig unterstützt. "Und natürlich ist in dieser Zeit auch mein Deutsch viel besser geworden, denn ich war ja mit 2 deutschen Jungen auf einem Zimmer", sagt er. Auch für die Lehrer an der beruflichen Schule in Rostock findet Majed nur lobende Worte.

Am 28. Februar 2023 bekam Majed die Information von der Handwerkskammer, dass er die Prüfung bestanden hat.

Majed Shikh Bakri Foto: Jobcenter

Seit dem 1. März 2023 ist Majed Shikh Bakri jetzt bei der Firma "Stegmann & Schelling Zahntechnik GmbH" unbefristet als Zahntechniker tätig.

Majed ist kein Architekt geworden - Brücken baut er jetzt trotzdem!